Vorsorgevollmacht

Grundsätzliches

Bei dem Thema „Vollmachten“ werden im Zusammenhang mit der Entbehrlichkeit einer Betreuerbestellung durch das Betreuungsgericht im Wesentlichen zwei Arten von Vollmachten genannt: Die Vorsorgevollmacht und die Generalvollmacht.

Der Begriff „Vorsorgevollmacht“ wird im Gesetz verwandt, aber nicht definiert. Er fand mit der Reform des Betreuungsrechts im Jahre 1990 Einzug in das BGB.

Überwiegend wird darunter eine Vollmacht für alle Vermögensangelegenheiten, aber auch alle persönlichen Angelegenheiten verstanden, die für den Fall erteilt wird, dass der Vollmachtgeber betreuungsbedürftig wird.

Mit einer Vorsorgevollmacht soll also eine vom Betreuungsgericht angeordnete Betreuung vermieden werden. Das ist ihr Motiv.

In Mustern finden sich häufig Formulierungen wie:

„für den Fall meiner Betreuungsbedürftigkeit“ oder „um eine Betreuung zu vermeiden“ u.a.

Bei diesen Formulierungen ist aber Vorsicht geboten, weil es keine allgemeinen Verfahren gibt, um ein Fürsorgebedürfnis festzustellen, das, etwa nach einer schweren Operation, auch nur vorübergehend bestehen kann.

Die Folge ist dann Rechtsunsicherheit statt Rechtssicherheit, die mit einer Vorsorgevollmacht erreicht werden soll.

Vermeiden Sie bei mehreren Bevollmächtigten auch eine Rangfolge, die unter die jeweilige Bedingung gestellt wird, dass der vorrangig Berufene nicht mehr in der Lage ist, Sie zu vertreten. Wer soll das prüfen? Besser ist es, eine solche Rangfolge im Grundverhältnis durch separate Erklärung festzulegen.

Alles Wichtige zum Grundverhältnis finden Sie hier.

Regelungsumfang

Eine Vorsorgevollmacht berechtigt grundsätzlich zur Vornahme aller Rechtsgeschäfte, soweit eine Vertretung nach dem Gesetz zulässig ist.

Sie bezieht sich zum einen auf Vermögensangelegenheiten. Dazu gehören z.B.: Anträge bei Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern zu stellen, die Vermögensverwaltung, Begleichen von Rechnungen, Entgegennahme von Zahlungen usw.

Zum anderen umfasst die Vorsorgevollmacht den gesamten Bereich der Personensorge. Dazu zählt insbesondere der gesamte Gesundheitsbereich, die Ermächtigung, einer Patientenverfügung Gehör zu verschaffen, die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht.
 und das Aufenthaltsbestimmungsrecht (z.B. Heimunterbringung).



Insichgeschäft, Untervollmacht

In Vollmachten findet sich häufig eine Befreiung von § 181 BGB. Was bedeutet das?

Grundsätzlich verbietet das Gesetz ein sog. Insichgeschäft. Der Zweck beruht auf dem Gedanken, dass die Mitwirkung derselben Person auf beiden Seiten des Rechtsgeschäfts als Vertreter und für sich selbst die Gefahr eines Interssenkonfliktes mit sich bringt. Der Volksmund sagt dazu: „das hat ein Geschmäckle“.

Eine Befreiung von diesem Verbot ist aber zulässig und oftmals sinnvoll, wenn etwa zur Deckung der Heimkosten das Haus verkauft werden soll und einer der bevollmächtigten Kinder dieses erwerben möchte.

Sollte man dem Bevollmächtigten gestatten, Untervollmacht zu erteilen?

Für den Fall eines Haus- oder Wohnungsverkaufs muss bedacht werden, dass der Notar zur Abwicklung des Geschäfts von den Beteiligten regelmäßig mit entsprechenden Vollmachten (insbesondere zum Handeln gegenüber dem Grundbuchamt) ausgestattet wird.

Dann aber muss der Bevollmächtigte in der Vollmacht auch ermächtigt werden, Untervollmacht erteilen zu dürfen, im vorstehenden Fall dem Notar. Das Gleiche gilt für die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts (Prozessvollmacht).

Widerruf, Tod

Nach den "Regeln der Kunst" wird eine Vorsorgevollmacht immer auch über den Tod hinaus erteilt (sog. transmortale Vollmacht). Denn die laufenden Ausgaben enden nicht mit dem Tod und auch die durch Krankheit und Tod entstandenen Kosten, insbesondere die Beerdigungskosten müssen bezahlt werden.

In vielen Fällen lässt sich mit einer Vollmacht über den Tod hinaus aber auch der Nachlass abwickeln, ohne einen zeit- und kostenintensiven Erbschein.

Eine Vorsorgevollmacht ist gegenüber dem Bevollmächtigten lebzeitig jederzeit frei widerruflich; ein Ausschluss der Widerruflichkeit würde gegen den Grundsatz der Privatautonomie verstoßen.

Im Falle des Todes des Vollmachtgebers steht das Widerrufsrecht, sofern die Vollmacht über den Tod hinaus erteilt wurde, nach der herrschenden Meinung jedem Miterben zu.

 Will man dies ausschließen, so muss im Testament insoweit Vorsorge getroffen werden.

Form der Vollmacht

Öffentliche Beglaubigung

Bei einer öffentlichen Beglaubigung wird von einem Notar oder der Betreuungsbehörde der Stadt bezeugt, dass die Unterschrift oder das Handzeichen auf einer schriftlichen Erklärung in dessen Gegenwart und zu diesem Zeitpunkt vollzogen wurde.

Gleichzeitig bezeugt die Beglaubigung, dass die im Beglaubigungsvermerk namentlich angeführte Person und der Erklärende identisch sind. Sie beugt damit Identitätszweifeln vor.

Im Rechtsverkehr, insbesondere beim Handeln gegenüber Banken, Versicherungen und Behörden wird zumindest eine öffentliche Beglaubigung der Unterschrift verlangt, damit die Vollmacht akzeptiert wird.

Für Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt ergibt sich dies zwingend aus dem Gesetz, § 29 Grundbuchordnung (GBO).

Die öffentliche Beglaubigung einer Vorsorgevollmacht durch einen Notar richtet sich nach dem Vermögenswert; die Gebühr ist jedoch begrenzt auf einen Höchstbetrag von € 70,00 zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer, derzeit 19%.
Die örtlichen Betreuungsbehörden sind ebenfalls ermächtigt, Vorsorgevollmachten öffentlich zu beglaubigen.

Die Unterschriftsbeglaubigung durch die Betreuungsbehörde ist der notariellen Beglaubigung rechtlich gleichgestellt, wie der Bundesgerichtshof klargestellt hat.
Die öffentliche Beglaubigung durch die Betreuungsbehörde kostet derzeit 10 Euro.

Eine durch die Betreuungsbehörde beglaubigte Vorsorgevollmacht berechtigt demnach auch zu Grundstücksgeschäften, z.B. einem Verkauf.

Achtung:
Mit dem seit dem 01.01.2023 geltenden neuen Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) erlischt gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 aber die Wirkung der Beglaubigung mit dem Tod des Vollmachtgebers (nicht die Vollmacht selbst, wenn sie über den Tod hinaus erteilt wurde, was der Regelfall sein sollte).

Das bedeutet, dass mit der von einer Betreuungsbehörde beglaubigten Vorsorgevollmacht nach dem Tod des Vollmachtgebers vom Bevollmächtigten zwecks Nachlassabwicklung ohne Erbschein keine Grundstücksgeschäfte mehr getätigt werden können, da ab dem Todeszeitpunkt keine "öffentliche Urkunde" mehr vorliegt, wie es § 29 GBO für Anträge vorschreibt.

Auch ausserhalb von Grundstücksgeschäften dürfte die geänderte Rechtslage dazu führen, dass die Legitimationsqualität von Vorsorgevollmachten, die von einer Betreuungsbehörde beglaubigt wurden, nach dem Tod des Vollmachtgebers gegenüber Geschäftspartnern, insbesondere Banken, geschwächt sein wird.

Notarielle Beurkundung

Bei der notariellen Beurkundung findet vor dem Notar eine Verhandlung statt, in der die Beteiligten, in diesem Fall der Vollmachtgeber, die zu beurkundende Willenserklärung abgibt.

Während sich die öffentliche Beglaubigung nur auf die Echtheit der Unterschrift (des Handzeichens) bezieht, umfasst die Beurkundung also auch den Erklärungsinhalt.

Über den Beurkundungsvorgang wird eine Niederschrift aufgenommen, die vorgelesen, genehmigt und von dem Vollmachtgeber sowie dem Notar eigenhändig unterschrieben wird. Die Anwesenheit der Bevollmächtigten ist dazu nicht erforderlich.

Durch die notarielle Beurkundung wird die öffentliche Beglaubigung ersetzt, weil die Elemente der Beglaubigung darin enthalten sind.

Die Beurkundung ist jedoch mit höheren Kosten verbunden und diese sind je nach Geschäftswert nicht unerheblich:

Beispiel:

Bei einem Geschäftswert (einschließlich Verbindlichkeiten) von 200.000 EUR beträgt die Gebühr nach aktuellem Stand 435 Euro zzgl. der gesetzlichen MwSt. Eine Deckelung erfolgt erst ab einem Geschäftswert von mehr als 1.000.000 Euro.

Welche Form soll man nun wählen?

Die Beurkundung wird bei einer Vollmacht für vermögensrechtliche Angelegenheiten immer dann empfohlen, wenn zum Vermögen des Vollmachtgebers Immobilien gehören, denn Grundstücksgeschäfte sind beurkundungspflichtig.

Formbedürftig ist aber nur eine unwiderrufliche Vollmacht zum Grundstücksverkauf oder -erwerb, weil der Vollmachtgeber aufgrund der Unwiderruflichkeit der Vollmacht ebenso rechtlich und tatsächlich gebunden wird wie bei dem Grundstücksgeschäft selbst.

Die hier in Frage stehende Vorsorgevollmacht wird jedoch stets widerruflich erteilt und die Widerruflichkeit einer Vorsorgevollmacht kann ohnehin nicht, auch nicht durch den Parteiwillen, ausgeschlossen werden.

Dann aber muss eine widerrufliche Vollmacht allein wegen der Ermächtigung zum Grundstücksverkauf oder -erwerb nicht beurkundet werden (sie muss aber öffentlich beglaubigt sein).

Soll jedoch, um z.B. einen Heimaufenthalt zu finanzieren, vom Bevollmächtigten namens des Vollmachtgebers ein Kredit aufgenommen werden, dann muss die Vollmacht zwingend notariell beurkundet sein.

Eine Kreditgewährung wird jedoch mit zunehmendem Alter immer schwieriger, so dass es eher wahrscheinlich ist, dass bei einem erhöhten Geldbedarf dann entweder die Immobilie verkauft wird oder eines der Kinder den Kredit aufnimmt und die Immobilie des Vollmachtgebers als Sicherheit dient.

Die Grundschuldbestellung wäre in diesem Fall mit einer beglaubigten Vollmacht ohne weiteres möglich.

Bankvollmachten

Während Gerichte und Behörden Vorsorgevollmachten unproblematisch anerkennen, kommt es in der Bankpraxis hier oftmals zu Problemen.

Einzelne Kreditinstitute bestehen auf der Verwendung institutseigener Formulare, insbesondere bezüglich der Ermächtigung zum Online- und Telefon-Banking sowie der Nutzung einer Bank-Card.

Zu Recht?

Ein allgemeiner Grundsatz des Zivilrechts ist, dass ein Handeln durch einen Stellvertreter stets möglich und zulässig ist, sofern nicht Rechtsgeschäft oder Gesetz einen Ausschluss dieses Rechts vorsehen.

Prinzipiell ist es jedermann also freigestellt, Erklärungen entweder selbst oder durch einen Stellvertreter abzugeben.

Ferner ergibt sich bereits aus dem mit der Bank geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag eine Pflicht, das Handeln durch einen Stellvertreter zuzulassen. Die Bank ist nämlich verpflichtet, u.a. Überweisungsaufträge und Auskunftsersuchen etc. des Kunden entgegenzunehmen und zu bearbeiten.

Das sollten Sie wissen:

Eine Bank ist grundsätzlich verpflichtet, im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung das Handeln durch einen Stellvertreter zu akzeptieren.
Damit ist aber noch nichts darüber ausgesagt, ob die Bank dann zumindest verlangen kann, dass nur solche Vollmachten verwendet werden, die auf bankinternen Vordrucken erteilt sind.

Dabei wird übersehen, dass eine Bankvollmacht zu sofortigen Verfügungen berechtigt, eine Vorsorgevollmacht jedoch erst nach deren Aushändigung durch den Vollmachtgeber, der bis dahin folglich volle Kontrolle behält.

Häufig wird von Seiten der Bank eingewandt, sie könne nicht prüfen, ob

  • die Unterschrift vom Kunden eigenhändig vollzogen wurde,
  • der Kunde zum Zeitpunkt der Erteilung geschäftsfähig war,
  • der Kunde sich über den Regelungsgehalt im Klaren war,
  • die Vollmacht nicht zwischenzeitlich widerrufen worden sei.

Bei einer beglaubigten und beurkundeten Vorsorgevollmacht wird aber gerade die Eigenhändigkeit (neben der Identität) bezeugt!

Auch ein Kreditinstitut kann die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers nicht prüfen; dafür fehlt ihm schlicht die Fachkompetenz.

Mit dem Kreditinstitut besteht ein Geschäftsbesorgungsvertrag, kein Betreuungsvertrag; es ist mithin nicht berufen, Schutzfunktionen auszuüben und die privatautonome Entscheidung des Kunden zur Vollmachtserteilung anzuzweifeln.

Eine Vollmacht bleibt so lange in Kraft, bis sie widerrufen wird; solange der Bevollmächtigte daher eine Vollmachtsurkunde vorlegen kann oder eine beglaubigte Abschrift beim Kreditinstitut hinterlegt ist, geht das Gesetz zum Schutz des Rechtsverkehrs davon aus, dass die Vollmacht fortbesteht.

Zweifel an der Geschäftsfähigkeit reichen im Übrigen nicht: Die Geschäftsunfähigkeit muss hinreichend sicher feststehen (Landgericht Detmold, Urteil vom 14.01.2015, Az.: 10 S 110/14).

Eine Grenze im Hinblick auf den Handlungsumfang zieht der Bundesgerichtshof bei der Auflösung oder Umschreibung von Konten und Depots. Die Vorsorgevollmacht oder auch nur eine singuläre Kontovollmacht gäben dem Bevollmächtigten nicht das Recht, das Konto aufzulösen.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Stellvertreter nicht Forderungsinhaber ist (das ist der Kontoinhaber) und daher grundsätzlich nicht befugt sei, die vertragliche Rechtsstellung zwischen Kontoinhaber und Bank aufzuheben oder zu verändern.

Dies ist der Grundsatz.

Sie haben aber die Möglichkeit, den Bevollmächtigten auch zur Umschreibung von Konten/Depots und deren Auflösung zu ermächtigen.

Dann muss diese Ermächtigung aber ausdrücklich mit in die Vollmachtsurkunde aufgenommen werden.

Eine solche Ermächtigung ist im Formular "Vorsorgevollmacht" enthalten. 
Das ermöglicht in vielen Fällen die Nachlassabwicklung ohne Erbschein.

Praxistipp:

Lassen Sie in jedem Fall mindestens zwei Vorsorgevollmachten beglaubigen; dann kann der Bevollmächtigte, wenn Sie ihm die Exemplare aushändigen, eines davon bei der kontoführenden Bank/Sparkasse hinterlegen.

Registrierung

Durch das Register bei der Bundesnotarkammer sollen Vorsorgebevollmächtigte im Fall der Fälle schnell benachrichtigt werden können. Die Vollmachtsurkunden werden aber, entgegen landläufiger Meinung, dort nicht verwahrt. Sie verbleiben bei Ihnen.

Eine schnelle Benachrichtigung kann vor allen Dingen im Fall eines Unfalls bedeutsam werden, insbesondere, weil auch die behandelnden Ärzte auf das Register zugreifen können.

Das Zentrale Vorsorgeregister steht Ihnen als Privatpersonen zwecks eigener Registrierung ihrer Vollmachten offen.

Weitere Informationen, auch über die Kosten einer Registrierung, erhalten Sie beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer.