Schenkung und Vollmacht

Ausgangspunkt

Häufig kommt es, insbesondere wenn nur eines von mehreren Kindern von den Eltern bzw. einem Elternteil bevollmächtigt wird, zum Streit, ob und wenn ja in welchem Umfang auch Schenkungen gestattet sind.

Schnell wird dann der Vorwurf einer "Veruntreuung" in den Raum gestellt.

Dahinter steckt die Befürchtung der anderen Kinder, die erbberechtigt sind, dass Vermögenswerte hinter ihrem Rücken beiseite geschafft werden könnten, der ihre (Erb-)Ansprüche verkürzt.

Mit einer solchen Problematik hatte sich der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 08.01.2020 zu befassen (Az.: XII ZB 368/1).

Die Betroffene mit mittelschwerer Demenz hatte einer ihrer Töchter eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt, die auch die Berechtigung der Bevollmächtigten umfasste, Schenkungen in dem Rahmen vorzunehmen, die auch einem Betreuer gestattet sind.

Auf Betreiben einer weiteren Tochter wurde ein Kontrollbetreuer mit dem Aufgabenkreis Überwachung der Bevollmächtigten, Geltendmachung von Rechten der Betreuten gegenüber ihrer Bevollmächtigten und gegebenenfalls Widerruf der erteilten Vollmacht, jeweils bezogen auf den Aufgabenkreis der Vermögenssorge, bestellt.

Der erforderliche Überwachungsbedarf ergebe sich daraus, so die Gründe, dass die Bevollmächtigte Zuwendungen an sich und ihre Familie aus dem Vermögen der Betroffenen getätigt habe. So sei es zur Zahlung eines Reisegelds in Höhe von 3.000 € und zu einer einmaligen Sonderzahlung in Höhe von 1.500 € gekommen.

Der Kontrolle bedürfe zudem die Gewährung eines vergleichsweise hohen Taschengelds an die Betroffene in Höhe von 500 € monatlich, weil der Verdacht, dass Teile hiervon in Form von Essenseinladungen und ähnlichem wieder der Bevollmächtigten oder ihrer Familie zugeflossen seien, nicht ausgeräumt worden sei.

Der BGH hielt demgegenüber weder die Bestellung eines Kontrollbetreuers noch die Übertragung des Aufgabenkreises „Widerruf der Vollmacht“ für erforderlich.

Die Schenkungen bzw. Zuwendungen an die Bevollmächtigte selbst bzw. deren Familie seien nicht zu beanstanden:

  1. Der Bevollmächtigten waren in der Vollmacht Schenkungen im zulässigen Rahmen eines Betreuers gestattet worden;

  2. Die Schenkungen waren auf Wunsch der Vollmachtgeberin und mit deren Einverständnis erfolgt;

  3. Die Schenkungen entsprachen im Umfang den Schenkungen, die die Vollmachtgeberin und ihr verstorbener Mann bereits früher in gleicher Weise durchgeführt hatten;

  4. Die Schenkungen bewegten sich im Rahmen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Vollmachtgeberin.

Die vom BGH genannten Kriterien geben damit Orientierungspunkte bei der Beurteilung einer Missbräuchlichkeit von Schenkungen des Bevollmächtigten an sich selbst.

Schenkungsbefugnis wie ein Betreuer?

Der Betreuer unterliegt einem grundsätzlichen Schenkungsverbot mit Ausnahmen:

Der Betreuer kann eine Schenkung aus dem Vermögen des Betroffenen nur dann vornehmen, sofern sie einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entspricht.

Klassische Beispiele solcher Schenkungsmöglichkeiten sind Geburtstags-, Weihnachts- oder Hochzeitsgeschenke.

Bei der Prüfung, ob es sich um eine zulässige Schenkung handelt, ist auf den Willen, die Interessenlage und das Vermögen des Betreuten abzustellen. Ebenfalls sind die bisherigen Lebensverhältnisse des Betroffenen zu berücksichtigen.

Diesen Prüfungsmaßstab hat der BGH in der zitierten Entscheidung angewandt.

In der Rückschau ist demnach zu prüfen, wie der Betroffene in der Vergangenheit mit solchen Schenkungsmöglichkeiten umging und ob er üblicherweise entsprechende Geschenke verteilte.

Bei hohem Vermögen und entsprechendem Lebensstandard des Schenkenden können auch Übertragungen mit hohem Wert zulässig sein, weil diese sich dann noch „im Rahmen“ halten.

Zu beachten sind jedoch immer eventuelle Genehmigungserfordernisse: so bedarf der Betreuer bei einer Grundstücksschenkung der Genehmigung des Betreueungsgerichts.

Im Rahmen der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts soll zukünftig der Betreuer immer einer Genehmigung bedürfen „zu einer Schenkung oder unentgeltlichen Zuwendung, es sei denn, diese ist nach den Lebensverhältnissen des Betreuten angemessen oder als Gelegenheitsgeschenk üblich“.

Da bei einer Vorsorgevollmacht weder die Genehmigungspflichtigkeit eines Rechtsgeschäfts noch die Zuständigkeit des Gerichts begründet wird, engt dies den Schenkungsrahmen zukünftig ein, wenn in der Vorsorgevollmacht dem Bevollmächtigten Schenkungsbefugnisse "wie ein Betreuer" eingeräumt werden.

Praxistipp:

Soll die Zulässigkeit von Schenkungen durch den Bevollmächtigten eingeschränkt werden, so sollte dies ausdrücklich in der Vollmachtsurkunde geregelt werden, um Auslegungsschwierigkeiten und damit Streit zu vermeiden.

Die nachfolgend genannten Optionen kommen dabei in Betracht:

  1. Schenkungsverbot,

  2. Schenkungen differenziert nach Personenkreis,

  3. Schenkungen begrenzt auf bestimmte Gegenstände oder wertmäßig,

  4. Schenkungen nur anlassbezogen (Geburtstage, Hochzeit etc.),


wobei dann die Ziff. 2.-4. untereinander kombiniert werden können.

Eine pauschale Verweisung auf die Befugnisse eines Betreuers sollte im Hinblick auf die vorstehend genannte Problematik, insbesondere nach der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts (Genehmigungsbedürftigkeit), nicht mehr erfolgen.

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