Geschwisterausgleich

Ausgleichssystem

Für die gesetzliche Erbfolge hat der Gesetzgeber angeordnet, dass Abkömmlinge bestimmte Zuwendungen ausgleichen müssen, sofern der Erblasser nichts anderes angeordnet hat.

Das gesetzliche Ausgleichssystem geht davon aus, dass ein Erblasser sein Vermögen gleichmäßig unter seinen Abkömmlingen hat verteilen wollen. Deswegen sind diese Zuwendungen nur als Vorempfang auf das künftige Erbe anzusehen.

Ob ein Darlehen eine Zuwendung darstellt, ist im Einzelfall zu entscheiden:

Eine Zuwendung wird anzunehmen sein z.B. bei einem (Teil-)Erlass der Rückzahlung, bei der Bestimmung, dass die Darlehenssumme zwar nicht zurückgezahlt-, aber ausgeglichen werden muss oder bei der Bestimmung, die Darlehenssumme solle vom Erbteil abgezogen werden.

Keine Zuwendungen sind Leistungen in Erfüllung gesetzlicher Pflichten, insbesondere Unterhaltsleistungen.

Die Ausgleichung stellt einen Rechnungsposten im Teilungsplan dar, der dazu führt, dass die Teilungsquoten von den Erbquoten abweichen.

Ausgleich nur zwischen Abkömmlingen bei gesetzlicher Erbfolge

Zur Ausgleichung verpflichtet sind Abkömmlinge, also Kinder, Enkel, usw. Eheliche und nicht eheliche Abkömmlinge sind gleichgestellt.

Der Ausgleich findet grundsätzlich nur statt, wenn die Abkömmlinge als gesetzliche Erben berufen sind. Wie die gesetzliche Erbfolge eintritt, ist irrelevant; das kann also auch durch eine letztwillige Verfügung erfolgen, in der auf die gesetzlichen Regelungen verwiesen wird.

§ 2052 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) stellt jedoch nur eine Auslegungsregel dar, d.h. die dort aufgestellten Vermutungen kommen nur zum Zug, wenn die Auslegung der letztwilligen Verfügung nichts anderes ergibt.

Wegfall eines Abkömmlings

Ist ein Miterbe weggefallen, wie insbesondere durch Tod, treten an dessen Stelle die weiteren Abkömmlinge des Erblassers; das muss nicht zwingend ein Abkömmling des ausgleichspflichtigen Miterben sein.

Rücken mehrere Abkömmlinge nach, werden sie im Verhältnis ihrer Erbteile ausgleichungspflichtig.

Ersatzerbe

Rückt ein Nicht-Abkömmling als Ersatzerbe nach, wird an den Ersatzerben die Ausgleichungsverpflichtung weitergegeben; er erhält dann das bereits verminderte Auseinandersetzungsguthaben des weggefallenen Miterben.

Gegenstand des Ausgleichs

Dem gesetzlichen Ausgleich unterliegen die folgenden Zuwendungen, die ein Abkömmling und späterer gesetzlicher oder diesem gleichgestellter Erbe vom Erblasser zu dessen Lebzeiten empfangen hat:

  1. Ausstattungen stets, wenn nicht der Erblasser ausnahmsweise bei der Zuwendung etwas anderes bestimmt hat (§ 2050 Abs. 1 BGB);

  2. Zuschüsse zum Einkommen und Aufwendungen für die Berufsausbildung, wenn und soweit sie das Maß übersteigen, das die Vermögensverhältnisse des Erblassers vorgeben (§ 2050 Abs. 2 BGB);

  3. andere Zuwendungen, wenn der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat (§ 2050 Abs. 3 BGB).

Ausstattungen:

Der Begriff der Ausstattung ist in § 1624 Abs. 1 BGB definiert. Dort heisst es:

Was einem Kind mit Rücksicht auf seine Verheiratung, auf seine Begründung einer Lebenspartnerschaft oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter zugewendet wird (Ausstattung), gilt, auch wenn eine Verpflichtung nicht besteht, nur insoweit als Schenkung, als die Ausstattung das den Umständen, insbesondere den Vermögensverhältnissen des Vaters oder der Mutter, entsprechende Maß übersteigt.

Die Einordnung einer Zuwendung als Ausstattung richtet sich nach dem Zuwendungszweck.

Bei größeren Zuwendungen ist im Zweifel eher von einer Ausstattung auszugehen als von einer Schenkung.

Zuschüsse:

Zuschüsse zum Einkommen des Abkömmlings und Aufwendungen des Erblassers zur Berufsausbildung des Abkömmlings sind nicht auszugleichen, soweit der Erblasser sie finanziell ohne Weiteres verkraftet. Denn darauf hat jedes Kind einen Anspruch.

Auszugleichen ist nur das Übermaß des Aufwands, gemessen am Vermögen des Erblassers.

Andere Zuwendungen:

„Andere Zuwendungen“ sind nur auszugleichen, wenn der Erblasser den Ausgleich schon bei der Zuwendung angeordnet hat.

Gemeint sind alle vermögenswerten Zuwendungen des Erblassers an einen Abkömmling, die zumindest teilweise unentgeltlich sind.

Die Zuwendung muss vom Erblasser herrühren und dessen Vermögen geschmälert haben.

Rechtsfolge

Wirtschaftlich bedeutet die Ausgleichung, dass lebzeitige Zuwendungen des Erblassers dem Empfänger auf seinen Erbteil so angerechnet werden, dass sein Auseinandersetzungsguthaben geringer und das des Ausgleichungsberechtigten größer wird, ohne Veränderung der rechnerischen Erbquoten.

Verändert wird nur der wirtschaftliche Wert des ausgleichungsbelasteten Nachlassanteils: er mindert sich. 

Der Ausgleichungsvollzug erschöpft sich folglich in einem bloßen Rechenvorgang als Teil der Auseinandersetzung (rechnerischer Ausgleich), der in aller Regel zu Teilungsquoten führt, die von den Erbquoten abweichen.

Verfügungen von Ehegatten

Bei gesetzlicher Erbfolge ist bezüglich der Ausgleichungspflicht in jedem der beiden Sterbefälle nur relevant, aus wessen Vermögen die Zuwendung erfolgte.

Verfügen die Ehegatten aus Miteigentum, richtet sich der Zuwendungsanteil des Erblassers nach der Quote der Mitberechtigung.

Anders ist die Rechtslage, wenn die Ehegatten durch Berliner Testament oder entsprechenden Erbvertrag gebunden sind und die Abkömmlinge nach gesetzlicher Quote erben.

In diesem Fall wird bei Eintritt des Schlusserbfalls auch der vorverstorbene Ehegatte als Erblasser i.S. der Ausgleichungsvorschriften angesehen, so dass alle Vorempfänge auszugleichen sind.

Praxistipp:

Wenn Sie Ihren Kindern schon lebzeitig Vermögenswerte übertragen wollen, insbesondere Geld, dann sollten Sie vertraglich in jedem Fall regeln, ob diese Zuwendung im Erbfall unter den anderen gesetzlichen Miterben zur Ausgleichung zu bringen ist. So vermeiden Sie im Erbfall einen Streit unter den Kindern.

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